Klaviermarken mit Namen wie Theodor Betting bieten in der deutschsprachigen Region den Mehrwert eines deutsch klingenden Namens. Tatsächlich stammt die Marke aber aus der polnischen Klavierbauerstadt Kalisz. Genau genommen ist die Geschichte dieser Marke eine bereits vergangene Geschichte. Denn gegründet wurde Theodor Betting im Jahr 1887. Nachgewiesen wurde sie dann noch 1926 und von 1939 ist noch eine Seriennummer eingetragen. Aber dann entsteht eine Große Lücke, bis es im Atlas der Pianonummern heißt. Die Marke Theodor Betting wird seit 1991 von Legnica hergestellt. Legnica (früher Liegnitz) ist eine Stadt in Polen, in der 1849 Eduard Seiler seine Klavierfabrik eröffnet hat. Bei den Klavier- und Flügeltransporteuren Pianomovers findet man den Hinweis, dass in der ehemaligen Fabrik von Seiler in Legnica die Marken Legnica und Th. Betting hergestellt worden sind. Das heißt, man hat sich eines alten Markennamens besonnen, um diesen für eine neue Serie zu nutzen.
Die Bauweise liefert dem Fachmann bereits einen Hinweise auf die Herkunft, denn es wurden durchgängig Agraffen verwendet. Dieses Konzept wird von Klavierherstellern verwendet, die dem Klavier einen scheinbaren Mehrwert vermitteln wollen, indem Sie Elemente aus dem Flügelbau am Klavier verwenden. Mit diesem Konzept zeichnen sich auch die Klaviere von Bechstein aus. Tatsächlich bringen die Agraffen nur mehr Arbeit, da man die Saiten beim Beziehen durch die Agraffen ziehen muss. Warum man diese höheren Kosten in Kauf nimmt, um z.B. bei der Größe des Klangkörpers der Klaviere oder den Hammerköpfen mehr Qualität als Kosten einzusparen, ist eines der Rätsel der konservativen Klavierbauer.
Das Klavier der Marke Theodor Betting aus unserem Hörbeispiel hat eine Mechanik von Tofa. Dieser Hersteller von Klaviermechaniken war möglicherweise nur wenige Jahre auf dem Markt, bevor daraus 1996 die Marke Detoa wurde. Die Mechanik ist soweit problemlos. Als Mehrwert wurden Hammerköpfe des deutschen Herstellers Helmut Abel verwendet.
Das Klavier wurde zuletzt vor 8 Jahren von der Klavierstimmerei Praeludio® gestimmt. Das Piano ist nicht stark verstimmt, was vor allem für den Standort und die konstante Luftfeuchtigkeit spricht. Aber es war inzwischen auf 437 Hertz gesunken. Da die Besitzer mit vielfältigen Instrumenten musizieren, wurde es auf die Tonhöhe von 440 Hertz höher gestimmt.
Beim Probespielen fällt auf, dass das Pedal in der Höhe und Länge so ausgelegt ist, dass der Klavierspieler von seiner optimalen Performance abgelenkt wird, da er sich nebenbei darauf konzentrieren muss, nicht vom Pedal abzurutschen. Derartige Fehlkonstruktionen erfordern eine Unterlage, auf der man die Ferse abstellen kann, um das Pedal ohne Aufmerksamkeitsverlust ergonomisch bedienen zu können. Das mittlere Pedal schaltet dauerhaft den Moderator ein, der die Lautstärke des Klaviers stark verringert. Leider ist der Moderator viel zu weit von den Saiten entfernt eingebaut, so dass er sich negativ auf die Spielart auswirkt, da man erst durch einen entsprechenden Anschlag das Filztuch zwischen Hammer und Saite, also den so genannten Moderator, quasi überwinden muss, damit man überhaupt einen Ton erzeugen kann. Das linke Pedal, das ja ursprünglich für das Leisespiel gedacht war, bringt wie fast bei jedem Klavier keinen deutlichen Effekt, seitdem man es aufgegeben hat, die bessere Una-Corda-Technik des Flügels auch im Klavier zu verwenden. Das war bereits vor über 100 Jahren, denn die letzten Klaviere mit einem echten Una-Corda-Pedal wurden meines Wissens nach circa 1910 von Steingraeber (Bayreuth) gebaut.
Positiv ist wieder einmal der Bass hervorzuheben. Der Blick ins Innenleben zeigt, dass man zur Optimierung dieses Bereichs einen so genannte Bass-Brücke verwendet hat. Insgesamt hat das Klavier einen recht angenehmen Klang, wozu letztendlich vor allem die bessern Hammerköpfe des bereits oben erwähnten Herstellers Abel wesentlich beitragen.